Wie COVID-19 die digitale Transformation der Finanzbranche beschleunigt

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Und plötzlich war alles anders. Das Corona-Virus und dessen Auswirkungen haben das tägliche Leben weltweit fest im Griff und binnen Wochen nahezu alle Jahrespläne und Wirtschaftsprognosen pulverisiert. Jetzt gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und zielgerichtet durch die unsicheren Zeiten zu steuern. Banken und Finanzdienstleister müssen und können einen großen Teil dazu beitragen, diese Weltwirtschaftskrise bestmöglich zu meistern.

Die Welt befindet sich im Corona-Ausnahmezustand. Die Wirtschaft gerät aus dem Gleichgewicht und unzählige, einst solide Unternehmer und Unternehmen kommen dabei ins Schleudern. Auch die Börse spielt verrückt, viele Anleger sind verunsichert und haben einen dringenden Beratungsbedarf. Jetzt sind schnelle Lösungen und Hilfsmaßnahmen gefragt. Die Politik hat bereits reagiert und umfängliche Rettungspakete geschnürt, die nun die Firmen und Selbstständigen erreichen müssen, die sie dringend benötigen.

Die Banken sind jetzt das Netz, das die im freien Fall befindliche Wirtschaft auffangen muss. Auch wenn sich das gesamte Ausmaß der Corona-Pandemie derzeit noch nicht absehen lässt gilt es, keine Zeit zu verlieren, um das Allerschlimmste zu verhindern. Daher ist es für Banken entscheidend, ihre Kunden jetzt an die Hand zu nehmen und mit möglichst geringem Schaden durch die schweren Zeiten zu manövrieren. Letztlich ist das vorrangige Ziel, dass nach Möglichkeit alle diese Ausnahmesituation überstehen und dann schnellstmöglich wieder in einen Normalzustand kommen. Was auch immer normal in Zukunft bedeuten mag.

Die Finanzwelt muss jetzt schnell Corona-Hilfe leisten können

Für Banken ist es jetzt eine große Aufgabe, ihren Teil dazu beizutragen, die wirtschaftliche Situation auf schnellstem Weg zu stabilisieren. Um das jedoch leisten zu können, müssen sie in erster Linie in der Lage sein, Unternehmen umgehend die nötige Unterstützung zukommen zu lassen, um deren Überleben zu sichern.

Die Anträge für KfW-Kredite unzähliger kleiner und mittlerer Unternehmen müssen nach Möglichkeit sofort verarbeitet und geprüft, Gelder des Wirtschafts-Stabilitäts-Fonds verteilt werden. Auch bei der Vergabe hauseigener Kredite muss ein Spagat zwischen Sicherheit für die Bank auf der einen und schneller, unbürokratischer Hilfe auf der anderen Seite gefunden werden. Dynamische Finanzierungsmodelle und das Aussetzen von Hypothekenzahlungen, die Stundung von Kreditrückzahlungen werden ebenso Thema sein wie die Abwicklung von weiteren Stützungs- und Stabilisierungsmaßnahmen der Regierung. Eine Mammutaufgabe.

COVID-19 wird die Digitale Transformation im Banking drastisch beschleunigen

Um all dies überhaupt stemmen zu können, stehen Finanzinstitute zusätzlich vor der Herausforderung, den eigenen Normalbetrieb aufrechtzuerhalten. Denn auch die Finanzbranche wird mit voller Wucht von den Veränderungen durch die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus getroffen. Filialen werden aus Sicherheitsgründen geschlossen, persönliche Kontakte zwischen Bankberater und Kunden sind derzeit kaum möglich. Der vorübergehende Umzug ganzer Abteilungen ins Homeoffice stellt die Banken vor nie dagewesene administrative Herausforderungen – die etablierten, häufig papierbehafteten Prozesse funktionieren plötzlich nicht mehr wie gewohnt. Temporär werden bestimmte Dienste intern wie extern ausschließlich online zur Verfügung gestellt werden können.

Whitepaper-Download: Banken nach Corona - Implikationen im BestandsmanagementDie Notwendigkeit und Dringlichkeit der digitalen Transformation, gerade auch in Finanzinstituten, wird in der aktuellen Situation mehr als deutlich – jetzt muss alles sehr schnell gehen. Aufgrund der weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind Banken gezwungen, umgehend entsprechende Angebote zu schaffen, mit denen sie ihre Geschäftspartner unter den gegebenen Umständen erreichen und sie zu ermutigen und zu unterstützen, diese auch zu nutzen. So ist der logische Schritt, die Abhängigkeit von der Filiale zu verringern, indem die digital verfügbaren Dienste erweitert werden. Daher gilt es jetzt, die essenziellen Prozesse und die Auswirkungen der Krise auf diese zu verstehen und so die wichtigsten Online-Funktionen zu identifizieren, die schnell angeboten oder verbessert werden können. Kundenservice ist der entscheidende Faktor, um zu beweisen, dass auf Finanzinstitute auch und gerade jetzt Verlass ist.

In Krisenzeiten vertrauen Kunden auf Erfahrung

Das Thema Vertrauen ist ganz besonders in wirtschaftlich schweren Zeiten ein wichtiges Business-Kriterium. So könnte die aktuelle Entwicklung, in der direkten Konkurrenz mit Fintechs und Neobanks, nach einigen schwierigen Jahren mal wieder einen großen Stein in die Waagschale der traditionellen Banken werfen. Waren die Anleger und experimentierfreudigen Bankkunden in den letzten Jahren zunehmend bereit den aufstrebenden Digital Natives am Markt ihr Geld und ihre Geschäfte anzuvertrauen, wird in den kommenden Monaten das Pendel eher in Richtung Sicherheit und Erfahrung, also zu den erfahrenen Finanzhäusern ausschlagen. Erschwerend kommt für die Fintechs in der aktuellen Situation hinzu, dass viele der neuen Digitalbanken nicht KfW-akkreditiert sind und sie ihre Business-Kunden daher auch nicht mit KfW-Nothilfen versorgen können.

Auch im Wertpapierbereich werden sich viele Anleger nach dem großen Crash in erster Linie auf sichere Anlagemöglichkeiten fokussieren, was sich negativ auf das Venture Capital neuer Finanz-Startups auswirken könnte. Zudem werden weniger Transaktionen aufgrund der abflauenden Wirtschaft auch zu ausbleibenden Gebührenumsätzen in den Fintech-Bilanzen führen.

Für Banken ist das eine große Chance, das durch Zögerlichkeit im digitalen Wandel verspielte Vertrauen jetzt durch schnelles und zielführendes Handeln in der Krisenbewältigung wieder zurückzugewinnen.

Die Ausnahmesituation als Nährboden neuer Banking-Ökosysteme

Um dieser globalen Herausforderung Herr zu werden, wird es jetzt neue Kooperationen zwischen Fintechs und Banken geben müssen. So können diese sich gegenseitig mit ihren jeweiligen Stärken ergänzen und gemeinsam schlagkräftig agieren. Denn trotz aller Sicherheitsbedürfnisse der Kunden steigt auch deren Nachfrage nach digitalen Lösungen derzeit rasant an – und Fintechs haben hier in den letzten Jahren viel Erfahrung gesammelt.

Wie in vielen Bereichen kann Corona auch in der Finanzwelt der Anstoß sein, gemeinschaftlich die kommenden Herausforderungen zu meistern. Bereits in den letzten Jahren haben vorausschauende Unternehmen den Mehrwert von Banking-Ökosystemen erkannt, um die Stärken unterschiedlich ausgerichteter Anbieter zu bündeln. Die richtige Strategie wird zukünftig mehr denn je auch über Erfolg und Misserfolg des eigenen Portfolios entscheiden.

Kredit. Digital. als PDF zum Download

Fazit

Banken spielen als Steuerungszentren für den Zahlungsverkehr, die Einlagensammlung und die Kreditvergabe eine zentrale Rolle für das Funktionieren der weltweiten Wirtschaft. Sie sind jedoch nicht nur Handelsunternehmen, sondern bieten auch wichtige Dienstleistungen für Einzelpersonen, Unternehmen und Gemeinschaften. Ihre Gesundheit, die Kontinuität ihres Betriebs sowie ihre Sicherheit und Solidität sind daher von entscheidender Bedeutung, die Corona-Krise mit all ihren wirtschaftlichen Folgen zu meistern und das globale Wirtschaftssystem letztlich wieder zu stabilisieren.

Es kommt für Finanzinstitute jetzt darauf an, schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zum einen, um selbst handlungsfähig zu bleiben, zum anderen um denen helfen zu können, deren wirtschaftliche Existenz massiv bedroht ist. Diese Herausforderung kann nur gemeinsam gemeistert werden.

Welche konkreten Herausforderungen kurz-, mittel- und langfristig auf Banken zukommen, lesen Sie in unserem Beitrag Banken nach Corona – das ist der Unterschied zur Finanzkrise 2008.

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Bildquelle: Teaser: AlenaPaulus - 1212172830 - iStock

Geschrieben von Torsten Spörl

Torsten Spörl ist Chief Revenue Officer und verantwortlich für den 'Customer Tribe' der knowis AG. Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn war Torsten über mehrere Jahre in der Transaktionsberatung bei zwei der 'Big Four' Unternehmensberatungen tätig. Anschließend leitete er verschiedene Einheiten im Bankenbereich. Sein fachlicher Fokus lag dabei im Firmenkundengeschäft und der Projektfinanzierung.

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