Im Kreditgeschäft, speziell im Bereich Corporate Kredit, wird eine Vielzahl an Informationen benötigt, verarbeitet und ausgetauscht, um einen Kreditantrag vollständig bearbeiten zu können. Manuelle Prozesse und eine analoge Datenverwaltung verlangsamen den Ablauf und erhöhen das Risiko fehlerhafter oder fehlender Daten. Dies führt zu Problemen, spätestens an der Schnittstelle zwischen der Kundenbetreuung und der Kreditabteilung, da hier große Datenmengen erfasst und ausgetauscht werden müssen. Durch eine vollständige Abbildung aller Antragselemente in einem digitalen Workflow können Informationsasymmetrien zwischen Markt und Marktfolge weitgehend vermieden, aussagekräftige Analysen erstellt und die Kundenzufriedenheit verbessert werden.
Egal ob Neuantrag, Folgeantrag oder Änderung: Werden die Daten des Kunden bereits bei der Antragsaufnahme unsauber erfasst, steigt der Bearbeitungsaufwand im Folgeprozess exponentiell an. Je mehr Daten mit diesem Prozess verknüpft sind, desto gravierender sind die Auswirkungen und desto höher wird der Abstimmungsaufwand zwischen Markt und Markfolge. Der Umfang eines Kreditantrages ist dabei maßgeblich von der Antragsart abhängig – ein Privatkredit, die Finanzierung einer Gewerbe-Immobilie oder Großprojekte wie beispielsweise die Finanzierung einer Windkraftanlage ziehen jeweils unterschiedliche Prozesse nach sich.
Eines haben jedoch alle Kreditarten gemeinsam: Mit der strukturierten digitalen Antragsaufnahme steht und fällt der reibungslose Ablauf aller Folgeprozesse, daher sollte an dieser Stelle größten Wert auf die Datenkonsistenz gelegt werden. Individuell an den aktuellen Bedarf angepasste Antragselemente beispielsweise führen dazu, dass zu jedem Teilantrag alle relevanten Informationen erfasst werden und für eine Weiterverarbeitung zur Verfügung stehen. Spätere Rückfragen beim Kundenbetreuer werden so die Ausnahme. Wichtige Voraussetzung: Markt und Marktfolge müssen an ein gemeinsames System angebunden sein und mit denselben Daten arbeiten, dann kann die spätere Verknüpfung der Antragsdaten im Prozesszusammenhang gewährleistet werden. So werden auch Doppelerfassungen von Informationen oder fehlerhafte Daten durch Medienbrüche von Grund auf vermieden. Gleichzeitig wird der Grundstein für die Automatisierung von Teilaufgaben geschaffen.
Antragsarten und Beweggründe sind vielfältig
Ein Antrag ist jeder relevante Anlass, der einen Bearbeitungsvorgang nach sich zieht. Dieser Anlass kann nicht nur aus völlig unterschiedlichen Bereichen bzw. Segmenten des Kreditgeschäftes stammen, er kann auch durch verschiedenste Trigger ausgelöst werden. Das gängigste Szenario: Der Kunde hat ein bestimmtes Anliegen, mit dem er persönlich oder telefonisch an die Bank herantritt. Er benötigt z.B. kurzfristig einen Kredit für eine anstehende Investition oder möchte einen Sicherheitentausch durchführen.
Es gibt heute aber noch viele weitere Möglichkeiten, ein Anliegen an die Bank heran zu tragen, sei dies im Umfeld des Privatkunden- oder Firmenkundengeschäfts. Gerade der boomende Bereich 'Online' wird von vielen Banken noch eher stiefmütterlich behandelt und die hier entstehenden Informationen oft nicht in den laufenden Antragsprozessen berücksichtigt. Zudem können Anträge auch von externen Partnern gestellt, von einem Bank-Mitarbeiter beantragt oder automatisch vom System initiiert werden.
Auch Informationen aus Omnichannel-Banking und dem Bestandssystem müssen in die Antragsbearbeitung einfließen
In einem modernen Banking-Umfeld gewinnen, neben der klassischen persönlichen Kundenbetreuung, weitere Kontaktkanäle immer mehr an Bedeutung. E-Mail oder Chat als Kommunikationsmittel mit dem Bank-Berater, Online-Plattformen für die Nutzung der dort vorhandenen Service- oder Upload-Funktionen, Smartphone-Apps für die besonders schnelle Informationsbereitstellung, Interaktions-Plattformen bei Kooperations-Partnern als zusätzliche Schnittstelle. Diese Points-of-Contact ergänzen die klassische Kundenberater-Beziehung und sind 24/7 für den Kunden verfügbar.
Dieser nutzt häufig mehrere Kontaktwege parallel und hegt, je nach Beweggrund, unterschiedliche Erwartungen an das verwendete Medium – die Bearbeitung eines Antrags, die Beantwortung einer Frage oder die Verarbeitung von eingereichten Dokumenten. Gleichzeitig erwartet er aber die Berücksichtigung aller seiner Daten bei einer späteren Antragsbearbeitung. Schlussfolgern lässt sich daraus, dass es im Sinne einer nahtlosen Customer Journey oberste Priorität haben muss, die Informationen aus den unterschiedlichen Vertriebskanälen zu vernetzen (Stichwort: Omnichannel-Banking), um eine einheitliche Datenbasis zu schaffen, schnelle Reaktionen auf Kundenanliegen zu unterstützen und alle Informationen bestmöglich zu nutzen.
Darüber hinaus gibt es auch Anträge, die automatisiert aus dem Banking-System heraus generiert werden. Die Bandbreite solcher Anlässe ist groß. Häufig genannte Beispiele sind regelmäßige Engagement-Überprüfungen oder die Bearbeitung von Darlehensprolongationen. Oftmals werden unterschiedliche Anträge sogar in gleichen, oder nahe beieinander liegenden Zeiträumen gestellt.
Beispiel aus der Praxis: Antragsbearbeitung bei einem Firmenkundenkredit ohne Informationsverknüpfung
Ein Firmenkunde stellt in der Filiale einen Antrag auf Gewährung eines Kredits zur Finanzierung einer neuen Maschine für seinen Betrieb. Ein Online-Portal zur digitalen Auftragsannahme ist aktuell aus IT-Infrastrukturgründen nicht vorhanden. Deshalb muss er die entsprechenden Unterlagen persönlich, postalisch oder per E-Mail bei der Bank einreichen. Mitarbeiter prüfen die umfangreichen Unterlagen aufwändig auf Herz und Nieren, pflegen die Daten händisch in eine Office-Vorlage ein und kontaktieren den Kundenberater bei Rückfragen, wobei auffällt, dass weitere Dokumente benötigt werden. Der Kunde muss erneut beim Kundenberater vorstellig werden.
Wenn nach einiger Zeit alle erforderlichen Informationen und Unterlagen bezüglich dieses Antrags eingegangen und verarbeitet sind, muss der Kundenberater kurz darauf erneut an den Kunden herantreten. Er wurde von einem Kollegen aus dem Sicherheitenmanagement informiert, dass nun andere Unterlagen benötigt werden, die turnusmäßige Überprüfung des Objekt-Cashflows einer gewerblichen Immobilie betreffend, die als Sicherungsobjekt dient.
Die wiederholte Kontaktaufnahme innerhalb kurzer Zeit kostet weitere Ressourcen, wirkt unprofessionell und belastet das Vertrauensverhältnis. Es entsteht der Eindruck, dass der Kundenberater keinen Überblick über die Daten seines Kunden hat.
Lösungsansatz: Kreditantragsbearbeitung mit einer digitalen Kreditvorlage
Der Einsatz einer sogenannten digitalen Kreditvorlage verknüpft die Daten aus den unterschiedlichen Quellen der Antragsbearbeitung miteinander und vermeidet Informationsdefizite. Die digitale Kreditvorlage fungiert im Prozess als zentrale Schnittstelle zwischen allen Interaktionskanälen und Bestandsystemen. Dadurch wird auch die Anbindung einer Online-Plattform zur Antragstellung möglich, ohne dass die Gefahr einer doppelten oder inkonsistenten Datenhaltung besteht.
Auch für den Kunden wird der Prozess deutlich erleichtert. Er kann beispielsweise online ersehen, welche Unterlagen für seinen Antrag erforderlich sind und diese zu jeder Zeit im System hochladen, er kann den Bearbeitungsstand seines Kreditantrages abrufen etc.
Darüber hinaus kann eine digitale Kreditvorlage die Zusammenfassung mehrerer Anträge unterstützen, auch aus unterschiedlichen Segmenten. Die im Beispiel genannten Anträge hätte der Bearbeiter dann beide auf einen Blick erfasst und die erforderlichen Schritte rechtzeitig eingeleitet.
Ein weiterer Vorteil für beide Seiten: Jeder Kundenbetreuer kann zu jeder Zeit den Bearbeitungsstand eines Kreditantrages im System nachverfolgen und ist so auch unmittelbar auskunftsfähig. Rückfragen und verzögerte Antworten dem Kunden gegenüber gehören der Vergangenheit an.
Weitere Varianten technologischer Unterstützung in der Antragsphase:
- Automatisierte Befüllung von Anträgen von Bestandskunden
- Automatisierte Vollständigkeitsprüfung und Plausibilitätsprüfung der einzureichenden Unterlagen
- Systemseitiges Auslösen von Unterlagennachforderung an den Kunden
- Anreicherung von Anträgen zu Bestandskunden, -konten, -sicherheiten mit Informationen aus Bestandssystemen zum leichtgängigen Wissenstransfer
- Generierung automatischer Anträge aus Wiedervorlagen (z.B. Überwachungstermine) oder externen Systemtriggern (z.B. Frühwarnsignale)
- Systemgestützte Aufgabenverteilung über ein übersichtliches Prozessportal
Fazit
Das Ziel der digitalen Antragserfassung am Markt ist, neben einer umfassenden Bedarfsanalyse, auch eine strukturierte Erhebung der für die weitere Bearbeitung relevanten Informationen. Durch eine flexible Erfassungslogik und den Einsatz von intelligenten Assistenz-Systemen, die auf verknüpfte Daten im Hintergrund zugreifen, wird der Erfassungsaufwand für den Kundenbetreuer erheblich minimiert. Gleichzeitig unterstützt das System den Kundenberater auch in der Strukturierung des Kundengespräches und bei der Produktauswahl.
Neben den Daten, die bei der klassischen Kundenbetreuung beim Kundenberater vor Ort entstehen, müssen auch die Daten aller angeschlossenen Informationsquellen, wie Online-Portale oder mobile Anwendungen, automatisiert mit in den laufenden Antragsprozess einbezogen werden. Durch den Einsatz einer digitalen Kreditvorlage haben alle Mitarbeiter eines Finanzinstitutes in Echtzeit Zugriff auf den Bearbeitungsstand eines Antrags.
Eine durchgängige inhaltliche Ausgestaltung der Prozesse zwischen Markt und Marktfolge, ohne Medienbrüche und der damit verbundenen Informations- und Zeitverluste, führt im Ergebnis zu spürbaren Effizienzsteigerungen bei der Bearbeitung von Kreditanträgen. Detaillierte Informationen zu Durchlauf- und Bearbeitungszeiten in Verbindung mit den Detaildaten zu den jeweiligen Prozessen, wie beispielsweise Abbruchgründe, Entscheidungen des Kompetenzträgers etc., bilden zudem eine solide Grundlage für aufkommende Fragestellungen und weitere Auswertungen.
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